Von Christine Behrens am 20. Oktober 2023

OLG Celle: Erbe trägt Risiko der fehlenden Testierfähigkeit des Erblassers

Das OLG Zelle hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Steuerberater ein Millionenerbe erhielt, sich jedoch später herausstellte, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig war (Az.: 6 U 2/22).

Erblasserin war testierunfähig

Im Jahr 2015 verstarb die ledige und kinderlose Erblasserin. Zuvor hatte sie durch Testament im Jahr 2008 und notariellen Erbvertrag von 2014, ihren langjährigen Steuerberater als Alleinerben eingesetzt. Dieser erbte nun ein millionenschweres Vermögen.

Bereits anlässlich der Erteilung des Erbscheins ließ das Amtsgericht Hannover ein psychiatrisches Gutachten über die Erblasserin einholen. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass die Verstorbene aufgrund wahnhafter Störungen nicht in der Lage war, zu testieren. Dieses Gutachten wurde sowohl vom AG Hannover als auch vom LG Hannover und dem OLG Celle für überzeugend gehalten.

Entscheidung des Gerichts

Das erstinstanzlich zuständige LG Hannover hatte vor diesem Hintergrund festgestellt, dass der Steuerberater nicht der Erbe der Erblasserin geworden ist. Der Steuerberater legte hiergegen Berufung ein. Diese Berufung wurde jedoch zurückgenommen, nachdem das OLG Celle auf die fehlenden Erfolgsaussichten hingewiesen hatte. Hierbei betonte das OLG, dass es unerheblich sei, ob der Erbe die Testierunfähigkeit der Erblasserin kannte oder nicht. Dem Steuerberater werde nämlich insoweit überhaupt kein Vorwurf gemacht. Gleichzeitig helfe ihm jedoch auch eine Gutgläubigkeit nicht.

Ausblick

Diese Entscheidung macht nochmals den Grundsatz des Erbrechts deutlich, nach dem es bei einem Testament vorerster Linie auf den tatsächlichen Willen des Erblassers ankommt. Wenn dieser – wie hier – nicht in der Lage ist, einen Willen wirksam zu bilden, dann geht dies zulasten der testamentarischen Erben. Dies gilt auch, wenn diese hiervon nichts wussten. Insbesondere existiert auch kein Vertrauenstatbestand, der bewirken könnte, dass der testamentarische Erbe die Erbschaft behalten könnte, da er auf die Testierfähigkeit des Erblassers vertraut hat. Allerdings ordnet der § 2021 BGB eine Herausgabe der Erbmasse nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts an, soweit der testamentarische Erbe nicht zur Herausgabe der Erbschaft imstande ist. Etwa weil er die geerbten Gegenstände bereits verkauft hat. Hier kann sich der Erbe grundsätzlich auf die sogenannte „Entreicherung“ berufen. Diese bewirkt, dass er den Teil des Erbes, den er nicht mehr herausgeben kann, auch nicht herausgeben muss. Er muss auch keinen Ersatz dafür leisten. 

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