Von Jan-Philipp Lautebach am 18. Oktober 2023

Das AG München entscheidet im Reiserecht – wie viele Reisende sind in einem Doppelzimmer unterzubringen?

In einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts München (Urteil vom Urteil vom 31.05.2023 – 242 C 403/23) führt das Gericht zur Zimmerbelegung bei Buchung eines Doppelzimmers aus.

Buchung einer Pauschalreise für acht Reisende

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin eine Unterkunft mit Vollpension in Italien für sich und ihren Ehemann sowie sechs weitere Personen zu einem Gesamtpreis von 5.184,00 € über ein Onlineportal gebucht. Vor Ort sollten die acht Personen in insgesamt zwei Zimmern untergebracht werden. Die Reisebestätigung enthielt zu der Zimmeranzahl bzw. der Zimmerbelegung keine eindeutigen Angaben. Es wurde lediglich das Wort „Doppelzimmer“ verwendet. Auch war streitig und nicht endgültig zu klären, inwiefern für die Klägerin weitere Angaben zu den Zimmern ersichtlich bzw. durch einen Link abrufbar gewesen sein sollen.

Es liegt eine vertragliche Regelungslücke vor

Es handelt sich offensichtlich um einen regelungsbedürftigen Punkt des Vertrags, über den die Parteien sich nicht geeinigt haben. Beide Parteien hatten bei Vertragsschluss unterschiedliche Auffassungen davon, was unter dem Aspekt des Doppelzimmers zu verstehen ist. Gemäß § 155 BGB führt ein solcher versteckter Dissens damit grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Vertrags.  Da die Reisenden ihre Reise jedoch auch nach Aufdecken des Dissens fortführten, schloss das Gericht, dass nach der Auslegungsregel des § 155 BGB davon auszugehen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Regelung über diesen vertraglichen Nebenpunkt geschlossen worden wäre.

Auslegung des Begriffs „Doppelzimmer“ durch das AG München

Der Vertrag war folglich durch das AG München ergänzend dahingehend auszulegen, was die Klägerin bei ihrer Buchung unter dem Begriff des Doppelzimmers verstehen durfte. Dabei stellte das Gericht fest, dass die Benutzung des Worts „Doppelzimmer“ grundsätzlich nicht eindeutig ist. Auch wenn es sich nach dem Wortsinn sowie der üblichen Definition des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, um „ein Zimmer mit Schlafgelegenheiten für zwei Personen in einem Doppelbett oder zwei längsseits aneinander gefügten Einzelbetten“ handele, seien weitere Umstände zu berücksichtigen.

Deutlichere Umschreibung des Zimmers erforderlich?

Übersteige -wie im vorliegenden Fall- die Anzahl der Reisenden, die gewöhnlich in einem Doppelzimmer zur Verfügung gestellten Betten, sei gegebenenfalls durchaus geboten, klarzustellen, dass nur ein Doppelzimmer gebucht werde. Dies könne durch Begriffe wie „Mehrbettzimmer“, „Doppelzimmer zur Verwendung von vier Personen“, „Doppelzimmer mit Zustellbetten“ oder Ähnlichem geschehen.

Die Gesamtbetrachtung ist maßgeblich

Das Gericht befand, dass jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht unüblich sei, dass in einem Doppelzimmer auch ohne Verwendung weiterer klarstellender Begrifflichkeiten, mehr als zwei Personen untergebracht würden. Es laufe auf eine Gesamtbetrachtung hinaus, im Rahmen derer auch der gegenständliche Reisepreis zu berücksichtigen sei.

Unter Zugrundelegung des rechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß §§ 157, 242 BGB, habe letztlich nur ein Zimmer je vier Personen geschuldet sein können. Der Übernachtungspreis pro Person berechne sich auf weniger als 100 € pro Nacht und sei damit bei einem der vier Sterne Kategorie (nach Landeskategorie) zuzuordnenden Hotel mit All-Inklusive-Leistungen sehr niedrig. Nach der gebotenen objektiven Betrachtung wären redliche Vertragspartner aufgrund der Gesamtumstände der Buchung bei angemessener Interessenabwägung daher davon ausgegangen, dass bei einem solchen Preis lediglich ein Zimmer je vier Personen gebucht wurde.

Das Vorliegen eines Reisemangels im Sinne des § 651i BGB und darauf beruhender Ersatzansprüche wurde mithin durch das AG München abgelehnt.

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