Mieterfreundliche Entscheidung aus Karlsruhe – der BGH stärkt Mieterrechte im Kontext der Mietpreisbremse
In einer Entscheidung des BGH, welche gegenständlich die Verjährungsfrist von Auskunftsansprüchen von Mietern gegenüber ihren Vermietern behandelte, hat sich der BGH nun für die Mieter positiv positioniert. Künftig haben Mieter für die Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen wegen zu hoch angesetzter Mieten gegen ihre Vermieter viel Zeit.
Verjährung des Auskunftsanspruchs
Im Zentrum der gleich vier zu entscheidenden Verfahren stand die Frage, ob und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt der Auskunftsanspruch des Mieters gegen den Vermieter nach den Vorschriften zur sogenannten Mietpreisbremse (§ 556g Abs. 3 BGB) verjährt, vgl. BGH, Urt. v. 12.07.2023, Az. VIII ZR 375/21 u.a.
Ausgangspunkt der Verfahren war jeweils, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht Ansprüche der Mieter wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe gem. des §§ 556d ff. BGB gegen die Vermieter geltend machte. Die Mietwohnungen lagen jeweils in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt entsprechend der Berliner Mietbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015. Zunächst wurde insofern gemäß § 556g Abs. 3 BGB die Auskunftserteilung über die maßgeblichen Umstände für die Berechnung der Miethöhe eingefordert. Ebenso sollten die nach der Auffassung der Klägerin überzahlten Mietbeträge gem. § 556g Abs. 1 S. 3 BGB, sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattet werden. Die Beklagten wandten hiergegen ein, dass bereits die Auskunftsansprüche verjährt sein dürften.
Zum Hintergrund: Mietpreisbremse und Erstattungsanspruch des Mieters bei zu hoher Miete
Hintergrund der Entscheidung ist die sog. Mietpreisbremse, die insbesondere in Ballungszentren, mit dem Ziel, dass die Mietpreise im jeweiligen Anwendungsbereich nicht allzu schnell ansteigen, zum Tragen kommt. Die gesetzliche Grundlage dazu findet sich in § 556d BGB. Nach dessen Abs. 2 sind die Landesregierungen ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Das ist der Fall, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde besonders gefährdet ist. Wenn also die Mietwohnung in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, gibt § 556d BGB vor, dass die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um 10% überschreiten darf.
Überschreitet die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete jedoch um mehr als 10 %, hat der Vermieter dem Mieter die zu viel gezahlte Miete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zu erstatten, vgl. § 556g Abs. 1 S. 3 BGB. Um einen solchen Anspruch jedoch durchzusetzen, braucht der Mieter einige Hintergrundinformationen, um die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmen zu können. Hierbei werden nämlich auch Aspekte, die das Baujahr, die Beschaffenheit der Wohnung und die energetische Ausstattung in den letzten sechs Jahren berücksichtigt, vgl. § 558 Abs. 2 BGB.
Entscheidung des BGH – Beginn der Verjährungsfrist erst, wenn der Mieter sein Auskunftsverlange gegenüber dem Vermieter formuliert
Der Auskunftsanspruch steht zunächst selbstständig und unabhängig neben dem Rückzahlungsanspruch des Mieters und unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, vgl. § 195 BGB. Der Auskunftsanspruch entsteht zwar bereits im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses. Die Verjährungsfrist beginnt indes erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Diese Auslegung ergibt sich nicht zuletzt aus dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs. Dieser besteht darin, dem zwischen Vermieter und Mieter bestehenden strukturellen Ungleichgewicht, mit der Folge eines Informationsdefizits auf Seiten des Mieters, auf einem angespannten Wohnungsmarkt, adäquat zu begegnen.
Der Anspruch verjährt mithin erst dann, wenn der Mieter Auskunft verlangt und darauf drei Jahre zuwartet. Der Anspruch auf Rückzahlung könnte in diesem Fall zwar noch bestehen, aber der Mieter dürfte diesen nur schwerlich durchsetzen können, da ihm die Hintergrundinformationen zur Mietsache fehlen.
Fazit – Stärkung des Instruments der Mietpreisbremse
Die Entscheidung wird insbesondere von Mieterschutzverbänden begrüßt. Sie trägt dazu bei, dass die Mietpreisbremse bei Zweifeln über die Ortsüblichkeit der Miete von den Mietern durchgesetzt werden kann.
Haben Sie noch Fragen zur Mietpreisbremse? Dann berät das Team von KESSLER Sie gerne.