BAG: Neues Urteil zur Rückzahlung von Fortbildungskosten an den Arbeitgeber
In einem aktuellen Urteil (Urt. v. 25.04.2023, Az: 9 AZR 187/22) hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Rückzahlungsverpflichtung von Fortbildungskosten einer Arbeitnehmerin zu entscheiden und verneinte hier zu ihren Gunsten das Bestehen einer Rückzahlungspflicht.
Vertragliche Vereinbarungen zur Rückzahlungsverpflichtung
Die Beklagte war von 2014 bis 2020 bei der Klägerin, einer Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei, als Buchhalterin tätig. Im Jahr 2017 begann die Beklagte schließlich einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung. Vor diesem Hintergrund schlossen die Klägerin und die Beklagte im Dezember 2017 einen Fortbildungsvertrag. Die Klägerin verpflichtete sich darin, die Weiterbildung der Beklagten mit einem Betrag von bis zu 10.000,00 € zu fördern. Der Vertrag enthielt zudem eine Klausel über die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten. Auszugsweise hieß es darin:
„§ 5. Das in Anspruch genommene Förderbudget ist zurückzuzahlen, wenn
- die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt.
- die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt,
- die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt
Die Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen […]“
Kein Antritt zur Steuerberaterprüfung
Daraufhin zahlte die Klägerin der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 4.083,93 €. Die Beklagte trat jedoch in den Jahren 2018, 2019 und 2020 die Steuerberaterprüfung nicht an und kündigte schließlich das Anstellungsverhältnis zum 30.06.2020. Die Klägerin forderte schließlich auf Grundlage der vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung eine Rückerstattung des Betrags. Damit war sie vor dem AG Lingen zunächst erfolgreich, auch die Berufung der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht wurde zurückgewiesen. Zu Unrecht, wie das BAG nun entschied und dabei einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin verneinte.
Die vertragliche Rückzahlungsverpflichtung in Form von AGB
Durch die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, wurde bereits festgestellt, dass es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen des Fortbildungsvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt. Damit muss die Klausel einer sogenannten Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB standhalten und darf insofern keine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmerin darstellen.
Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel
Im Rahmen der Inhaltskontrolle wurde durch das BAG bestätigt, dass einzelvertragliche Rückzahlungsverpflichtungen von gezahlten Fortbildungskosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar grundsätzlich zulässig sind. Allerdings müssen sie hinreichend konkretisiert sein, damit sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Insofern führte das BAG aus, dass eine Rückzahlungspflicht nicht an das bloße Nichtablegen der Prüfung geknüpft werden darf. Vielmehr muss auch hinsichtlich der Gründe für das Nichtablegen der angestrebten Prüfung differenziert werden.
Insbesondere müssten solche Fallkonstellationen von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden, in denen die Gründe für das Nichtablegen nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen. Ein pauschaler Verweis auf das bloße Nichtablegen der Prüfung genügt hierfür nicht und ist damit unzulässig. In diesem Verweis liegt nach Auffassung des BAG damit eine unangemessene Benachteiligung.
Fazit
Dieses Urteil bestätigt erneut, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich wirksam Fortbildungsverträge einschließlich Rückzahlungsklausel vereinbaren können. Damit sich der Arbeitgeber jedoch auch auf diese Klauseln berufen kann, ist bei der vertraglichen Ausgestaltung darauf zu achten, dass die verwendete Klausel keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt. Dem aktuellen BAG Urteil entnehmend ist dies bei einem pauschalen Verweis auf das Nichtablegen einer mit der Fortbildung angestrebten Prüfung der Fall.
Das Team von KESSLER unterstützt Sie gerne in allen arbeitsrechtlichen Belangen und steht Ihnen insofern bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen sowie etwaigen Auseinandersetzung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zur Seite.
Siehe auch: BAG: Rückzahlung von Fortbildungskosten – Nichtbestehen einer Prüfung, NJW 2023, 2899.