Von Bettina Oltmann am 2. März 2023

BAG entscheidet: Unterschiedlich hohe Nachtzuschläge sind rechtmäßig

Das Bundesarbeitsgericht entschied am 22.02.2023 einen jahrelangen Streit über Nachtarbeitszuschläge. Konkret hatte es zu entscheiden, ob Nachtzuschläge unterschiedlich hoch sein dürfen. Es entschied in diesem Grundsatzurteil nun, dass unterschiedlich hohe Nachtzuschläge rechtmäßig sind. Das maßgebliche Abgrenzungskriterium ist hierbei, ob die Nachtarbeit regelmäßig oder unregelmäßig stattfindet. Die Hoffnung vieler Beschäftigter in Schichtarbeit, dass die Zuschläge vereinheitlicht und auf ein höheres Niveau angehoben werden, ist somit vorerst geplatzt.

Coca-Cola Mitarbeiter hatten geklagt

Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte einen Fall zu entscheiden, in dem Coca-Cola Mitarbeiter gegen unterschiedlich hohe Nachtzuschläge in einem 1998 geschlossenen Tarifvertrag klagten. Konkret ging es um die Frage, ob für Beschäftigte in gelegentlicher Nachtarbeit ein Nachtzuschlag von 50% gezahlt werden kann, während Beschäftigten in regelmäßiger Nachtarbeit nur 20% Nachtzuschlag gezahlt wird. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt hielten in ihrem Urteil diese Ungleichbehandlung für zulässig.

EuGH verwies Streit bereits zurück ans BAG

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit dieser Frage bereits 2020 an den EuGH gewandt. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Der EuGH entschied allerdings inhaltlich nichts, sondern verwies den Streit zurück ans Bundesarbeitsgericht mit der Begründung, dass die Frage um Nachtzuschläge nicht unter die EU-Arbeitszeitrichtlinie falle.

Unregelmäßige Nachtarbeit stellt sachlichen Grund dar

Unterschiedlich hohe Zuschläge für Nachtarbeit sind dem Urteil nach dann möglich, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist, der aus dem Tarifvertrag erkennbar sein muss. Der höhere Zuschlag für die Arbeitnehmer in unregelmäßiger Nachtarbeit solle die zusätzliche Belastung der Beschäftigten wegen der schlechteren Planbarkeit dieser Art der Arbeitseinsätze ausgleichen. Es liege im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie diese schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit ausgleichen. Es dürften nur keine willkürlichen Entscheidungen getroffen werden. Sei dies nicht der Fall, räumen die Arbeitsrichter der Tarifautonomie der Sozialpartner Vorrang vor dem grundgesetzlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz ein.

Auswirkungen des Urteils

Dieses erste höchstrichterliche Urteil zu diesem Thema wird als Maßstab für andere vergleichbare Fälle angesehen. Es hat Signalwirkung für viele weitere laufende Klagen, mit denen sich das Bundesarbeitsgericht auseinandersetzen muss. Durch die Entscheidung sind außerdem potenziell hunderttausende Beschäftigte betroffen, die in Nachtschichten in der Lebensmittelindustrie arbeiten. Bei vielen Tarifverträgen könnte Anpassungsbedarf bestehen.

Bei Fragen rund um das Thema Nachtzuschläge beraten wir, das Team von KESSLER, Sie gern.