Von Jan-Philipp Lautebach am 5. Mai 2023

Arbeitszeiterfassung wird Pflicht – Referentenentwurf überrascht nicht

Eine gesetzliche Fassung der Modalitäten der Arbeitszeiterfassung war mittlerweile überfällig – mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 14.05.2019, Az. C-55/18) auf europäischer, sowie mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschl. v. 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21) auf nationaler Seite, ist der deutsche Gesetzgeber bereits ins Hintertreffen geraten.

Rechtsgrundlage im Arbeitszeitgesetz

Im Gegensatz zum BAG, will der Gesetzgeber die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), und nicht im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), verankern. Dass das BAG auf die Regelung des § 3 ArbSchG zurückgriff, dürfte jedoch ohnehin auf den Umstand zurückzuführen sein, dass es an einer spezielleren Regelung im ArbZG fehlte.

Insofern sieht der Referentenentwurf in erster Linie eine Änderung des § 16 ArbZG vor.

Änderungen im Arbeitszeitgesetz

Danach soll der Arbeitgeber verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten aufzuzeichnen – und zwar am Tag der Arbeitsleistung. Anders, als in der Entscheidung des BAG vorgesehen, soll diese zwingend, bis auf einzelne Ausnahmen, elektronisch erfolgen. Solchen Arbeitgebern, die bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigen, soll es freistehen,  die Arbeitszeit auch in nicht elektronischer Form aufzuzeichnen.

Übergangsvorschriften

Ferner gelten Übergangsfristen für die Einführung eines elektronischen Systems. Je nach Betriebsgröße ist diese Übergangsfrist unterschiedlich lang ausgestaltet. Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitenden haben zwei Jahre Zeit, bei unter 50 Angestellten sind es fünf Jahre. Die Übergangsfrist betrifft jedoch nur die elektronische Form der Arbeitszeiterfassung. Die generelle Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten bleibt davon unberührt. Betriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmenden,  ausländische Arbeitgeber ohne Betriebsstätte im Inland, die bis zu zehn Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden sowie Privathaushalte, die Hausangestellte beschäftigen, können gänzlich auf die elektronische Form verzichten.

Vertrauensarbeitszeit passé?

Eine weitere, wesentliche Frage, nämlich, die, ob die Vertrauensarbeitszeit künftig passé ist, würde nach dem Referentenentwurf künftig in § 16 Abs. 3 ArbZG behandelt werden. Mit dieser Vorschrift erteilt der Gesetzesvorschlag der Vertrauensarbeitszeit keine grundsätzliche Absage. Danach sollen Arbeitgeber die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auf die Arbeitnehmer oder Dritte delegieren können. Einzig die Aufgabe, die ordnungsgemäße Aufzeichnung zu überwachen, verbleibt bei dem Arbeitgeber. Sichergestellt werden müsse, dass der Arbeitgeber bei Vertrauensarbeitszeit Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden.

Abweichungen durch Tarifvertrag möglich

Ferner hält der Gesetzgeber die Option, durch Tarifvertrag von den gesetzlichen Vorgaben abzuweichen, bereit. So soll beispielhaft in einem Tarifvertrag bzw. auf Grundlage eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt werden können, dass die Aufzeichnung nicht in elektronischer Form erfolgen muss.

Einhaltung gesichert durch drohendes Bußgeld

Die Pflicht wird gesichert durch das für Verstöße drohende Bußgeld. Kommt der Arbeitgeber dieser nämlich nicht nach, drohen nach § 20 ArbZG Bußgelder bis zu 30.000 Euro.

Fazit

Ob per App oder mithilfe von Excel – für die meisten Arbeitgeber wird die Einrichtung eines elektronischen Zeiterfassungssystems erforderlich. Hierin weicht der Referentenentwurf klar von den Vorgaben des BAG ab. Ansonsten hält sich alles im Rahmen des zu Erwartenden. Ob sich im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses doch noch weitere Anpassungen ergeben, bleibt abzuwarten.

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