Von Bettina Oltmann und Jan-Philipp Lautebach am 22. April 2021

COVID-19-Pandemie: Mietzahlung für gewerbliche Flächen im Lockdown?

Viele Unternehmen haben durch die Corona-Pandemie schwere Umsatzeinbußen erlitten. Sie konnten ihre Geschäfte nur über kurze Zeiträume öffnen. Und selbst wenn dies möglich war, mussten sie sich an strengen Hygieneauflagen orientieren. Müssen Mieter jedoch überhaupt weiterhin ihrer monatlichen Mietzahlungspflicht in voller Höhe nachkommen, wenn sie die angemietete Fläche gar nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise verwenden können? Diese Frage ist seit Beginn der Pandemie im letzten Jahr höchst umstritten. Zu mehr Klarheit könnte das Gesetz vom 22.12.2020 führen. Der Gesetzgeber will damit dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie gerecht zwischen den Vertragsparteien aufgeteilt werden.

Passende Anspruchsgrundlage

Als problematisch erweist sich, eine entsprechende Rechtsgrundlage zu finden, die das Risiko für den Eintritt eines so unvorhersehbaren Ereignisses, wie es die globale Corona-Pandemie darstellt, gleichmäßig zwischen den Vertragsparteien aufteilt. Eine Herabsetzung der Miete kommt grundsätzlich in Betracht, wenn der Mietsache ein Mangel anlastet, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. An der konkreten Beschaffenheit der Mietsache ändert sich durch die behördliche Schließungsanordnung jedoch nichts, weshalb ein Sachmangel regelmäßig ausscheidet. Auch ist es dem Mieter möglich, die Geschäftsräume an sich weiterhin zu nutzen. Daher scheidet auch das Vorliegen von Unmöglichkeit in den meisten Fällen aus.

Verwendungsrisiko liegt grundsätzlich beim Mieter

In Betracht kommt schließlich eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB. Dieses Gestaltungsrecht ist speziell für den Fall konstruiert, dass sich die Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, im Nachhinein schwerwiegend ändern. Eigentlich würde man meinen, dass sich diese Norm perfekt auf die momentane Corona-Situation anwenden ließe. Von der Rechtsprechung wurde dies jedoch während der ersten Corona-Welle regelmäßig anders gesehen. Eine Anwendung von § 313 BGB auf gewerbliche Miet- und Pachtverhältnisse wurde mit der Begründung abgelehnt, dass grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko für die Mietsache trage, der Vermieter habe seine Vertragspflicht indes erfüllt, indem er dem Mieter die gewerbliche Fläche in der vertraglich vereinbarten Weise zur Verfügung stelle (so z.B. LG Heidelberg, Urteil v. 30.07.2020 – 5 O 66/20, COVuR 2020, 541 (545).

Möglichkeit der Anpassung des Vertrages

In einem Blitzgesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung am 22.12.2020 ein Gesetz verabschiedet, welches in Art. 240 § 7 EGBGB regelt, dass in dem Fall, dass vermietete Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID 19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, vermutet wird, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage), der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Kurz gesagt: Es wird die widerlegbare Vermutung aufgestellt, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben ist. Diese Vorschrift ist als Appell an die Vertragsparteien zu verstehen, in der aktuellen Situation einvernehmliche Regelungen herbeizuführen. Dies gilt, wenngleich damit noch keine Aussage darüber getroffen wurde, ob die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB vorliegen und, für den Fall, dass dies bejaht werden sollte und der Mieter alle relevanten Unterlagen beigebracht hat, um welchen Betrag die Miete zu kürzen ist. Dies ist immer eine Einzelfallentscheidung, die einer umfassenden Interessenabwägung bedarf.

KESSLER berät Sie gerne

Die Chancen für Mieter, zukünftig eine Anpassung ihrer vertraglich vereinbarten Kaltmiete aufgrund der besonderen Umstände der Corona-Pandemie verlangen zu können, stehen daher nicht schlecht. Gerne helfen wir von KESSLER Ihnen mit einer konkreten Beratung mit Blick auf die fallspezifischen Besonderheiten.

Weitere Literaturhinweise

Für eine umfassende Betrachtung verweisen wir außerdem auf unsere Kommentierung zu § 313 BGB in dem von Göler Online-Kommentar. In Rn. 37 gehen wir detailliert auf eine mögliche Vertragsanpassung von gewerblichen Mietverträgen durch die Anwendung von § 313 BGB ein.