Von Jan-Philipp Lautebach und Michael Keßler am 6. November 2025

OLG Dresden: Kein Unterlassungsanspruch gegen wiederholte negative Online-Bewertungen

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat das OLG Dresden klargestellt, dass das wiederholte Einstellen negativer Bewertungen auf Online-Plattformen nicht automatisch einen Unterlassungsanspruch des Adressaten begründet. Dieses Urteil vom 30. Juni 2025 (Az. 4 U 549/25) ist besonders relevant für Unternehmen, die häufig mit Kundenbewertungen konfrontiert sind.

Der Sachverhalt

Die Klägerin ist Betreiberin eines Restaurants. Sie klagte gegen eine Privatperson, die über sie eine negative Bewertung auf einer Bewertungsplattform eingestellt hatte. Die Klägerin erstellte eine Antwort auf die Bewertung, die unter dieser angezeigt wurde. Die Beklagte löschte daraufhin die Bewertung und stellte sie anschließend erneut online – ein Vorgang, der sich ca. achtmal wiederholte. Hierbei wurde stets auch die Antwort der Klägerin gelöscht, sodass diese die Antwort stets erneut einstellen musste.

Es war unstreitig, dass der Inhalt der Bewertung an sich zulässig war. Die Klägerin sah jedoch in dem wiederholten Löschen und Wiedereinstellen eine Schikane sowie einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Dresden entschied zugunsten der Beklagten und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Es bestehe kein Unterlassungsanspruch gegen das wiederholte Löschen und Wiedereinstellen sachlicher, negativer Bewertungen.

Das Gericht lehnte insbesondere einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ab. Hierfür müsse sich die Verletzungshandlung gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinausgehen. Das OLG verneinte dies: Eine sachliche Bewertung, auch wenn sie negativ ist und wiederholt eingestellt wird, stelle keinen solchen Eingriff dar. Sie diene vielmehr der legitimen Information anderer Verbraucher und falle unter den Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG).

Das Gericht sah auch keinen Verstoß gegen das sog. „Schikaneverbot.“ Das wiederholte Löschen und Wiedereinstellen einer Bewertung sei an sich nicht missbräuchlich. Dies gelte auch dann, wenn hierdurch auch die Antwort der Klägerin gelöscht werde. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, durch das unveränderte Belassen ihrer Bewertung dafür zu sorgen, dass auch die Antwort der Klägerin stets öffentlich einsehbar sei. 

Das Gericht wog die Interessen ab: Der Schutz des Unternehmens vor Rufschäden stehe dem Recht des Verbrauchers auf freie Meinungsäußerung gegenüber. In den meisten Fällen überwiegt hier das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für eine freiheitliche Demokratie von überragend wichtiger Bedeutung. Anders kann dies jedoch dann sein, wenn eine Bewertung etwa unwahre Tatsachenbehauptungen oder eine strafrechtlich relevante Beleidigung beinhaltet. 

Praktische Auswirkungen

Dieses Urteil unterstreicht die Grenzen rechtlicher Mittel gegen negative Online-Bewertungen. Solange es sich nicht um unwahre Tatsachenbehauptungen, strafrechtlich relevante Beleidigungen o.ä. handelt, ist die Meinungsfreiheit des Kunden grundsätzlich zu respektieren. Jeder Gewerbebetreiber muss sich Kritik an seinen Produkten oder Dienstleistungen gefallen lassen. Dies gilt auch dann, wenn der Kunde die Bewertung wiederholt löscht und neu einstellt, um damit auch eine Beantwortung der Kritik durch den Gewerbebetreiber zu entfernen.

Grundsätzlich ist Unternehmen daher zu raten, mit allzu schnellen Löschversuchen und Unterlassungsklagen Vorsicht walten zu lassen. Insbesondere ein gerichtliches Vorgehen lohnt sich meistens nur bei nachweislich falschen Tatsachenbehauptungen oder klar ehrverletzenden Beleididungen.

Lassen Sie Bewertungen daher vorab prüfen, um Erfolgschancen realistisch einzuschätzen. Falls Sie mit solchen Herausforderungen konfrontiert sind, steht Ihnen das Team von KESSLER gerne mit langjähriger Erfahrung bei der Beratung von Unternehmen mit praxisorientierten Lösungen zur Seite.