
Neue Pflichten für Arbeitgeber: BAG-Urteil vom 27. März 2025 (8 AZR 123/24) zur Einstellung schwerbehinderter Menschen
Einleitung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 27. März 2025 (8 AZR 123/24) wichtige Vorgaben für Arbeitgeber bei der Besetzung von Stellen mit schwerbehinderten Menschen gemacht. Dieses Urteil betrifft insbesondere Arbeitgeber, die im Rahmen von Bewerbungsverfahren die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX) einhalten müssen.
Hintergrund des Falls
Im vorliegenden Fall klagte ein schwerbehinderter Bewerber auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Hiernach können Arbeitnehmer – und Bewerber – eine Entschädigung verlangen, wenn sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung benachteiligt wurden. Der Bewerber begründete seine Forderung damit, dass der Arbeitgeber bei der Besetzung einer Stelle keine frühzeitige Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufgenommen hatte. Das BAG musste klären, ob dieser Verstoß eine Diskriminierung wegen einer Behinderung vermuten lässt und welche Konsequenzen daraus folgen.
Kernpunkte des Urteils
Das BAG hat mit diesem Urteil klare Vorgaben für Arbeitgeber formuliert:
- Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit: Nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet, bei freien Stellen frühzeitig Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen, um zu prüfen, ob eine Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Dies erfordert die Erteilung eines konkreten Vermittlungsauftrags – ein bloßer Austausch reicht nicht aus. Insbesondere reicht es nicht aus, den Artikel nur in der Jobbörse der Agentur für Arbeit zu veröffentlichen.
- Vermutung einer Diskriminierung: Ein Verstoß gegen diese Vorschrift löst gemäß § 22 AGG die Vermutung aus, dass eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vorliegt. Arbeitgeber tragen dann die Beweislast, diese Vermutung zu widerlegen, etwa durch Nachweis, dass die Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung vergeben war.
- Einzelfallprüfung: Ob tatsächlich eine Benachteiligung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Selbst wenn die Stellenbesetzung vorzeitig erfolgt ist, können Verstöße gegen Bewerbungsfristen oder andere Anhaltspunkte für eine Diskriminierung eine Entschädigungspflicht auslösen.
Relevanz für Arbeitgeber
Für Arbeitgeber birgt dieses Urteil erhebliche praktische Relevanz. So wurde festgestellt, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften des SGB IX grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch des Bewerbers nach dem AGG auslösen kann. Besonders in Zeiten, in denen Inklusion an Bedeutung gewinnt, ist es wichtig, Bewerbungsverfahren rechtssicher zu gestalten.
Handlungsempfehlungen
Um Haftungsrisiken zu vermeiden, empfehlen wir Arbeitgebern folgende Maßnahmen:
- Frühzeitige Kontaktaufnahme: Beziehen Sie bei der Ausschreibung von Stellen die Agentur für Arbeit frühzeitig ein und erteilen Sie einen konkreten Vermittlungsauftrag, um die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu prüfen.
- Transparente Dokumentation: Halten Sie den gesamten Bewerbungsprozess, einschließlich der Kommunikation mit der Agentur für Arbeit und der zeitlichen Abfolge der Entscheidungen, sorgfältig fest. Dies erleichtert den Nachweis, dass keine Benachteiligung vorlag.
- Schulung des Personals: Sensibilisieren Sie Ihre Personalabteilung für die gesetzlichen Vorgaben des AGG und SGB IX, um Fehler zu vermeiden.
- Rechtliche Beratung: Ziehen Sie im Zweifelsfall rechtlichen Rat hinzu, insbesondere wenn Sie Hinweise auf mögliche Verstöße erhalten oder Klagen drohen.
Fazit
Das BAG-Urteil vom 27. März 2025 (8 AZR 123/24) unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung von Inklusionsvorgaben im Bewerbungsprozess. Arbeitgeber sollten ihre Prozesse überprüfen und sicherstellen, dass sie die Vorgaben erfüllen, um kostspielige Entschädigungsansprüche zu vermeiden. Das Team von KESSLER steht Ihnen gerne zur Seite, um Ihre Bewerbungsverfahren rechtssicher zu gestalten und Sie bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zu unterstützen.