
LG Köln: Keine Mietminderung wegen Ukraine-Krieg
Urteil vom 16. April 2024 – Az. 14 O 89/23
Das Landgericht Köln hatte darüber zu entscheiden, ob wirtschaftliche Belastungen infolge des Ukraine-Kriegs eine Mietminderung im gewerblichen Mietrecht rechtfertigen. Zuvor hatte der Mieter die Miete eigenmächtig gekürzt und gefordert, den Mietvertrag anzupassen. Das Gericht entschied, dass dies nicht zulässig war. Der Mieter handelte rechtswidrig. Eine Anpassung des Mietvertrags kommt nur unter engen Voraussetzungen in Betracht.
Sachverhalt
Die Parteien hatten einen langfristigen Gewerbemietvertrag über eine Immobilie in Köln geschlossen. Die Mieterin nutzte die Flächen für ihr Unternehmen. Aufgrund gestiegener Energie- und Betriebskosten kürzte sie ab Mitte 2022 die Miete um rund 50 %. Eine vertragliche Regelung zur Anpassung bei wirtschaftlichen Störungen bestand nicht. Zur Rechtfertigung der Kürzung trug die Mieterin im Wesentlichen vor, dass die Kostensteigerung unmittelbar auf den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs beruhe. Es handele sich hierbei um eine sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 BGB). Unter bestimmten Voraussetzungen kann in solchen Fällen eine nachträgliche Vertragsanpassung erfolgen. Erforderlich hierfür ist im Kern, dass nach Vertragsschluss Umstände eingetreten sind, die, hätten die Parteien sie vorher gekannt, dazu geführt hätten, dass der Vertrag nur mit anderem Inhalt geschlossen worden wäre.
Die Vermieterin war mit der Kürzung nicht einverstanden und klagte die ausstehenden Beträge ein.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Hierzu führte es folgendes aus:
- Eine erhebliche wirtschaftliche Belastung infolge des Ukraine-Kriegs führt als solche nicht automatisch zu einer Störung der Geschäftsgrundlage.
- Allgemeine wirtschaftliche Belastungen, wie etwa gestiegene Energiepreise oder eine höhere Inflation, reichen nicht aus. Solche Entwicklungen seien nicht ungewöhnlich und grundsätzlich Teil des unternehmerischen Risikos – insbesondere im gewerblichen Mietverhältnis.
- Eine Vertragsanpassung kommt nur dann in Betracht, wenn die Auswirkungen der äußeren Umstände so gravierend sind, dass sie die wirtschaftliche Grundlage des konkreten Vertragsverhältnisses zerstören. Das sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Mieterin konnte weiterhin wirtschaften und nutzen, was im Vertrag vereinbart war. Das Mietobjekt war weiterhin uneingeschränkt nutzbar. Die gestiegenen Betriebskosten und die angespannte wirtschaftliche Lage betrafen die gesamte Wirtschaft – nicht nur die Mieterin individuell.
- Gerade im gewerblichen Mietrecht trägt der Mieter das Risiko, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – etwa durch Preissteigerungen – verschlechtern. Eine Anpassung der Miete komme nur in absoluten Ausnahmefällen infrage. Erforderlich sei, dass das Äquivalenzverhältnis zwischen den Vertragsparteien tatsächlich so schwer gestört ist, dass eine Partei unverhältnismäßig benachteiligt wird.
Die Mieterin wurde zur Zahlung der rückständigen Miete sowie der Anwaltskosten verurteilt.
Bedeutung für die Praxis
- Für Vermieter: Gewerbliche Mietverträge bieten weiterhin einen verlässlichen rechtlichen Rahmen – auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Mietkürzungen sind nur bei klaren vertraglichen Grundlagen oder extremen Ausnahmefällen möglich. Eine gerichtliche Durchsetzung rückständiger Miete ist auch bei wirtschaftlich belasteten Mietern möglich.
- Für Mieter: Eine eigenständige Reduzierung der Miete ist rechtlich riskant und sollte stets mit einem Rechtsanwalt abgestimmt werden. Ein solches Vorgehen kommt grundsätzlich nur in Frage, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache infolge eines Mangels erheblich eingeschränkt ist. Wirtschaftliche Schwierigkeiten allein genügen nicht, um eine Reduzierung der Miete zu erzwingen.
Empfehlungen und Fazit
Sowohl Vermietern als auch Mietern ist daher zu raten, in den Mietvertrag Regelungen aufzunehmen, die den Umgang mit außergewöhnlichen Belastungen regeln. Insbesondere die Risikoverteilung bei starken Energiepreissteigerungen oder externen Krisen sollte geregelt werden.
Das Urteil des LG Köln stärkt die Rechtssicherheit im gewerblichen Mietrecht. Verträge sind auch in Zeiten globaler Krisen einzuhalten. Unternehmen sollten wirtschaftliche Risiken frühzeitig erkennen und vertraglich absichern. Das Team von KESSLER unterstützt Sie gerne bei der rechtssicheren Gestaltung und Durchsetzung Ihrer gewerblichen Mietverhältnisse.